Fernerkennung und -lokalisierung von Gaslecks in technischen Anlagen mit autonomen mobilen Inspektionsrobotern
Das Erkennen von Gaslecks in Industrieanlagen kann nicht nur gefährlich und zeitaufwendig sein, sondern ist auch für menschliche Fehler und Fehlinterpretationen anfällig. Um eine sicherere, effizientere und zuverlässigere Erkennungslösung bereitzustellen, wurde der RoboGasInspector erdacht. Dieses innovative Robotersystem zur Fernerkennung und -lokalisierung von Gaslecks wurde von einer Reihe deutscher Unternehmen und Institute entwickelt und verwendet eine FLIR GF320 Gasdetektionskamera.
Im Rahmen des deutschen Technologieprogramms AUTONOMIK hat ein aus neun Unternehmen und Forschungsinstituten bestehendes Konsortium den Prototyp eines autonomen mobilen Roboters zur Gasleckerkennung und -lokalisierung in großen Industrieanlagen entwickelt. Dabei konzipierte das Konsortium ein System, das Inspektionsaufgaben in Industrieanlagen ausführen kann, ohne sich dafür in Gefahrenbereiche begeben zu müssen – und ohne, dass dafür Personal anwesend sein muss. Der Roboter lässt sich für regelmäßige Anlageninspektionen ebenso einsetzen wie für die gezielte Überprüfung bestimmter Systemkomponenten. Die unabhängige Mobilität des Systems wurde mit verschiedenen Navigationssensoren und der Möglichkeit, über eine Fernsteuerung jederzeit manuell eingreifen zu können, implementiert. Außerdem ist das System mit videogestützter und optischer Gastelemetrie ausgerüstet, mit der es Systemteile überprüfen kann, die sich zuvor aufgrund ihrer beschränkten Zugänglichkeit nur schwierig überprüfen ließen.
Die Entwicklung innovativer Überwachungsprozesse, die das Potenzial der modernen Mess- und Automatisierungstechnologie komplett ausschöpfen, sowie die Robotik versprechen zuverlässigere, effizientere und kostengünstigere Inspektionen. Gleichzeitig wird das technische Personal dadurch von monotonen, zeitaufwendigen und arbeitsintensiven Aufgaben entlastet.
Das war der Ausgangspunkt für ein gemeinschaftliche Forschungsprojekt, das von Prof. Dr.-Ing. Andreas Kroll und Prof. Dr.-Ing. Ludger Schmidt am Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel geleitet und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) mit 2,4 Millionen Euro finanziell unterstützt wurde.
„Das Ziel dieses Projekts lautete, ein innovatives Mensch-Maschine-System mit Inspektionsrobotern zu entwickeln und zu testen, die mit Gas-Fernmesstechnik und lokaler Intelligenz ausgerüstet sind“, erklärt Dr. Andreas Kroll vom Fachbereich Mess- und Regelungstechnik an der Universität Kassel. „Die Erkennung und Lokalisierung von Gaslecks sollte weitestgehend unabhängig von mobilen Robotern ausgeführt werden. Außerdem sollten die mobilen Roboter während dieses Prozesses die gemessenen Daten analysieren und die Inspektionen dokumentieren.“
Sicherheit und Effizienz
Betreiber von Industrieanlagen (z. B. Chemiewerke, Raffinerien und Gasverdichtungsstationen) legen größten Wert auf ihre Mitarbeiter und ihre Produktionsanlagen.
Überall dort, wo giftige oder explosive Gase vorkommen oder sich ansammeln können, muss man unbedingt größte Sorgfalt walten lassen. Deshalb gelten für die chemische Industrie, Biogasanlagen und Gasversorger besonders strenge Inspektionsvorschriften und -anforderungen. Normalerweise muss das Personal im Rahmen von vorbeugenden Instandhaltungsprogrammen jeden Tag zeitaufwendige Inspektionsroutinen ausführen.
Während dieser regelmäßigen Inspektionen überprüfen die Mitarbeiter das gesamte System auf seine ordnungsgemäße Funktion. Dabei müssen sie sich normalerweise ganz auf ihre eigenen Wahrnehmungen und Erfahrungen verlassen, ohne auf Messtechnik zurückgreifen zu können.
Die beiden Professoren Andreas Kroll und Ludger Schmitt sahen eine der wichtigsten Anforderungen für das neue System darin, dass dieses automatisierte und gefahrenfreie Inspektionen und Überwachungen ermöglichen und dazu in der Lage sein musste, eigenständig auf Probleme zu reagieren.
Bei sich regelmäßig wiederholenden Verfahren wie routinemäßigen Inspektionen besteht immer ein gewisses Risiko, dass potenzielle Gefahrenquellen durch Unaufmerksamkeit ungewollt übersehen werden.
Deshalb ist die Entwicklung innovativer Inspektionstechnologien und die Konzentration auf die Flexibilität und Leistung der menschlichen Anwender bei der Handhabung dieser technischen Systeme nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, sondern auch im Hinblick darauf, die Mitarbeiter von sich wiederholenden Routine-Aufgaben zu entlasten, damit sie sich bei Inspektionen auf andere, ebenso wichtige Aufgaben konzentrieren und ein größeres Aufgabenspektrum abdecken können.
Erste öffentliche Vorführung
Der RoboGasInspector wurde erstmals in einer Halle an der Universität Kassel vorgeführt. Der Roboter führte eigenständig eine Inspektion aus und überwand dabei mehrere Hindernisse und eine Rampe.
An ausgewählten Inspektionsstandorten überprüfte der Roboter mehrere Pipelines und fand ein Methanleck. In den folgenden Monaten wurde dieser Erfolg unter Laborbedingungen auf große Industrieanlagen mit einer Fläche von mehreren Quadratkilometern ausgedehnt, die Umgebungsfaktoren wie Wind und Sonne sowie weitere Störfaktoren umfasste, die sich aus dem Systembetrieb ergaben.
Antriebssystem und Navigation des RoboGasInspector
Der RoboGasInspector besteht aus drei Modulen: einer mobilen Plattform mit Kettenantrieb, einem Navigationsmodul und einem Inspektionsmodul, das die optische FLIR GF320 Gasdetektionskamera umfasst. Die kettengetriebene Plattform ist mit einem Elektroantrieb und herkömmlichen Batterien ausgerüstet.
Das Navigationsmodul besteht aus 2D-Laserscannern (auf der Vorder- und Rückseite, besonders zur Navigation innerhalb von Gebäuden wichtig) sowie einen GPS-Sensor zur Orientierung im Freien. Durch den fortlaufenden Abgleich des Inspektionsbereichs mit einer digitalen Karte kann der kettengetriebene RoboGasInspector jederzeit seine Position bestimmen – auch Hindernisse und gesperrte Bereiche (z. B. explosionsgefährdete Zonen) lassen sich auf dieser Karte vermerken. „Dank seiner 2D-Laserscanner kann der RoboGasInspector auch unerwartete Hindernisse wie geparkte Fahrzeuge, Paletten oder Fässer eigenständig erkennen“, erklärt Professor Kroll. „Das gilt natürlich auch für Personen. Wenn der RoboGasInspector Hindernisse erkennt, umfährt er diese oder bleibt solange stehen, bis der Weg wieder frei ist.“
Das Inspektionsmodul
Das Inspektionsmodul vereint mehrere messtechnische Instrumente auf einer Schwenk-Neige-Vorrichtung. Dazu gehört unter anderem ein Methanleck-Ferndetektor (RMLD – Remote Methane Leak Detector), der auf einem aktiven drehbaren Dioden-Absorptionsspektroskopie-Instrument (TDLAS – Turnable Diode Absorption Spectroscopy) basiert. Dieses Instrument funktioniert mit einem Infrarot-Laser: Wenn der Laserstrahl auf eine Oberfläche trifft, wird er von dieser reflektiert, sodass sich seine Restlichtstärke messen lässt. Zusätzlich ist eine optische FLIR GF320 Wärmebildkamera auf dem Modul installiert, um die Gase sichtbar zu machen.
Um sicherzustellen, dass der RoboGasInspector selbst kein Risiko darstellt, ist er zusätzlich mit einem zusätzlichen integrierten Gassensor ausgestattet, der das gesamte System abschaltet, sobald ein Wert festgestellt wird, der mindestens 10 % der unteren Explosionsgrenze (LEL) entspricht, um die potenzielle Gefährdung einer brennbaren Atmosphäre zu vermeiden.
Unabhängige Messung
Die Verarbeitung der Messdaten und die Mustererkennung werden eigenständig vom Roboter ausgeführt. Außerdem führt der RoboGasInspector die Inspektion gemäß der dafür vorgegebenen Abläufe aus und nimmt dabei eigenständige Messungen vor. Unabhängig davon bleibt er stets mit der Leitstelle in Verbindung und lässt sich bei Bedarf jederzeit von dort aus fernsteuern. Zu diesem Zweck ist auch eine Videokamera in das schwenk- und neigbare Modul eingebaut. Im normalen Betriebsmodus arbeitet der RoboGasInspector jedoch eigenständig und übermittelt lediglich alle Messdaten per WLAN an die Leitstelle.
RoboGasInspector heute und morgen
Inzwischen hat der System-Prototyp seinen Nutzen und seine Fähigkeiten bei einer Reihe von Tests eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Antriebseinheit, das Navigationssystem und die ergänzenden Sensorsysteme haben bei allen Tests hervorragend funktioniert. Der RoboGasInspector ermöglicht die eigenständige Erkennung und Lokalisierung von Gaslecks an Standorten, die ansonsten schwer zugänglich sind. Darüber sorgt er dafür, dass sich menschliche Inspektoren nicht mehr persönlich in potenziell gefährliche Bereiche begeben müssen. Bevor der RoboGasInspector jedoch in echten Industrieanlagen eingesetzt werden kann, ist weitere Entwicklungsarbeit erforderlich (z. B. beim Explosionsschutz, der Software-Entwicklung usw.), und natürlich müssen vor dem Einsatz in der Praxis noch alle zugehörigen regulatorischen und gesetzlichen Sachverhalte geklärt werden. Dennoch steht fest, dass die Entwicklung eines autonomen mobilen Gasdetektions- und Lecklokalisierungsroboters schon heute möglich ist und dieser die Sicherheit drastisch verbessern kann.
Die GF320 von FLIR Systems ist ein unverzichtbarer Bestandteil des RoboGasInspector-Systems. Damit kann das System potenziell gefährliche Gaslecks aus sicherer Entfernung erkennen.