Test von elektronischen Komponenten: Eine kontaktlose Sportart
Da Elektronikplatinen und Komponenten kleiner und leistungsstärker werden, kann die Eigenwärme zu erheblichen Schäden führen. Mit Infrarotthermografie lassen sich Hot-Spots aufspüren, um das Wärmemanagement und das Leiterplattendesign kontinuierlich zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Hitze ist schlecht für Elektronik. Daher suchen Entwickler von elektronischen Systemen nach Möglichkeiten, trotz immer geringerer Gerätegrößen die Komponenten kühl zu halten. Wenn Chips immer kleiner werden und der Abstand zwischen den Komponenten immer geringer wird, kann Hitze zu einem echten Problem werden – nicht nur bei Geräten für den Privatgebrauch, sondern auch für militärische Anwendungen. Im zweiten Fall ist dies nicht nur unpraktisch, sondern auch eine Frage der Sicherheit. Für die Streitkräfte ist die Qualität der Elektronik für die Integrität von Waffen und Kommunikationssystemen entscheidend.
Regierungsbehörden investieren Millionen in neue Wärmemanagementtechnologien, damit Entwickler Größe, Gewicht und Leistungsverbrauch von elektronischen Komponenten weiter reduzieren und somit das Problem der Wärmeableitung beseitigen können.
Testen mit und ohne Kontakt
Die VXI-Platinen eines Entwicklers wurden häufiger als üblich beanstandet, weil diese überhitzten. Die Ingenieure bestimmten anhand von Simulationen die besten Orte für Kühlkörper und Lüfter zur Wärmeableitung. Außerdem installierten sie während der Test- und Qualitätsphasen Thermoelemente auf der Platine in der Hoffnung, potenzielle Probleme aufzuspüren. Da sie damit nicht die gewünschten Ergebnisse erzielten, überlegten sie schließlich, die Platinen mit einer Infrarotkamera zu scannen.
Chris Bainter, National Sales Director für FLIR in den USA, sagt, dass Infrarot gegenüber Thermoelementen einen Vorteil hat. „Zunächst einmal: Wie soll man den richtigen Ort für die Installation der Thermoelemente finden, wenn man nicht weiß, wo sich die Hotspots befinden?“, fragt er. „Man müsste hunderte Elemente auf der Platine installieren. Das ist unrealistisch und nicht wirklich effektiv.“
Bainter besuchte den Fertigungsstandort und brachte eine Infrarotkamera von FLIR mit. Kaum hatte er sie eingeschaltet und auf die Platine gerichtet, wurden die Hotspots offensichtlich – und sie befanden sich nicht einmal in der Nähe der Kühlkörper, Lüfter oder Thermoelemente.
„Sobald wir das Wärmebild sahen, wussten wir genau, wo sich die heißesten Stellen auf der Platine befanden und welche Chips am heißesten wurden“, sagt Bainter.
Aber zu wissen, wo man mit der Fehlerbehebung anfangen muss, ist nur der erste Schritt. Infrarot kann auch bei der Entwicklung des Wärmemanagementsystems einer Platine helfen. Bei dieser Platine erkannten die Ingenieure, dass die Lüfter und Kühlkörper an den falschen Stellen angebracht waren. Das warf natürlich die Frage auf, ob sie wirklich gebraucht würden. Oder ob die Ingenieure durch die Komponenten für das Wärmemanagement zusätzliches Gewicht mit zusätzlichem Leistungsverbrauch installiert hatten, die überhaupt nicht gebraucht wurden. Wenn man die thermischen Eigenschaften eines Geräts kennt und weiß, wie die Wärme abgeleitet wird, können Simulationsmodelle und das gesamte Design entscheidend verbessert werden, um die Prototypenphase des Entwicklungszyklus erheblich zu beschleunigen.
Ausgleich für geringere Größe
Je kleiner Geräte werden, desto größer ist die Herausforderung der Wärmeableitung. Stellen Sie sich anstelle einer etwa 23 x 33 cm großen VXI-Platine nun ein Smartphone mit einzelnen Komponenten vor, die gerade mal einige hundertstel Mikrometer groß sind. Bei Komponenten dieser Größe ist es nicht möglich, Thermoelemente zur Wärmemessung zu installieren. Daher wird eine RTD-Sonde angebracht. Diese ist einem Thermoelement zwar ähnlich, jedoch kleiner. Doch selbst diese kleinere Sonde kann die Wärmemessungen verfälschen, wenn sie selbst als Kühlkörper agiert.
„Auf sehr kleinen Geräten, bei denen zur Temperaturmessung Kontakt erforderlich ist, kann es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein, die Temperatur zu messen“, erklärt Bainter. „Wenn das Gerät klein genug ist, kann eine Sonde die Thermoreaktion des Geräts beeinflussen.“ In solchen Fällen kommt man um eine kontaktlose Form der Temperaturmessung, beispielsweise durch Infrarotbildgebung, nicht herum.
Ein weiteres häufiges Einsatzgebiet für Infrarotkameras ist unter Elektronikentwicklern und -herstellern die Suche nach Hotspots bei der Fehleranalyse. In diesem Fall ist es nicht so wichtig, die absolute Temperatur zu messen, als vielmehr kleine Hotspots zu finden, die winzige Wärmedifferenzen hervorrufen. Diese Hotspots können auf fehleranfällige oder problematische Stellen am Gerät hinweisen. Passive Wärmebilder erfüllen zwar diesen Zweck, die sogenannte „Lock-In-Thermografie“ kann jedoch die Sensitivität der Kamera um mehr als das Zehnfache verbessern, um kleine, unauffällige Hotspots besser zu finden.
In der Qualitätssicherung kann eine Infrarotinspektion außerdem dabei helfen, mangelhafte Lötstellen zu finden. An schlecht gelöteten Stellen ist die Kurzschlussfestigkeit verringert, was durch eine Infrarotkamera gemessen werden kann. Das Temperaturprofil eines fehlerhaften Schaltkreises unterscheidet sich von dem eines guten Schaltkreises. So können fehlerhafte Schaltkreise selektiert werden.
Ist Thermografie wirtschaftlich sinnvoll?
Thermografie wird wirtschaftlich immer sinnvoller, je kleiner elektronische Komponenten werden. Die heutigen Infrarotkameras haben eine bis zu 16-fache Auflösung im Vergleich zu Modellen von vor zehn Jahren und kosten dabei nahezu dasselbe. Bainter geht davon aus, dass Infrarotkameras mit sinkenden Kosten bei allen Tests neben digitalen Universalmessgeräten, Oszilloskopen und Spannungsmessern zur Standardausrüstung gehören werden. Auch technischer Fortschritt spielt dabei eine Rolle.
Im Bereich der Prüfung von elektronischen Komponenten ist bei Wärmebildern noch Spielraum nach oben. Eine Herausforderung dabei ist der Ausgleich des Oberflächenemissionsgrads. Viele Platinen bestehen aus Komponenten mit unterschiedlichen Emissionsgraden zusammengesetzt, von denen einige eine glänzende Oberfläche und somit einen niedrigen Emissionsgrad haben. Dies macht das Messen der absoluten Temperatur schwieriger. Techniken wie Oberflächenlackierungen, Bildsubtraktion und Emissionskartografie sind nur einige Beispiele für Ausgleichsmöglichkeiten.
Bei der Bildsubtraktion erfasst die IR-Analysesoftware ein Bild, bevor das Gerät unter Strom gesetzt wird, um ein Wärmebasisbild zu erstellen. Dieses Basisbild wird dann von den Folgebildern nach dem Einschalten des Geräts subtrahiert, um statisch reflektierte Temperaturwerte zu entfernen. So erhält man die tatsächlichen Temperaturdeltawerte, die durch die Erhitzung des Geräts entstehen. Mithilfe von Bildsubtraktion lassen sich scheinbare Hotspots ausschließen, die durch fehlerhafte statisch reflektierte Temperaturen bei Geräten mit niedrigem Emissionsgrad entstehen, sodass sich die Entwickler auf die tatsächlichen Hotspots des Geräts konzentrieren können.
Der Kampf gegen Produktfälschungen
Für Thermografie bieten sich auch einige noch unerschlossene Einsatzgebiete an, beispielsweise das Aufspüren von Produktfälschungen – ein wachsendes Problem bei Militäranwendungen.
„Die Wärmesignaturen von Produktfälschungen, bei denen billigere Materialien und kopierte Designs eingesetzt werden, können sich von denen der Originale unterscheiden, auch wenn die Geräte optisch ähnlich aussehen“, sagt Bainter.
Diese Geräte sind im Internet zu Angebotspreisen erhältlich. Einer Studie des US-amerikanischen Rechnungshofs (Government Accountability Office – GAO) zufolge werden mutmaßlich gefälschte Elektroteile für militärische Zwecke auf vielen Internet-Kaufplattformen angeboten. Tatsächlich war keiner der während einer kürzlich vom GAO durchgeführten Studie untersuchten Anbieter legitim. Auf eine Ausschreibung des GAO reagierten 396 Anbieter mit Angeboten, 334 davon aus China, 25 aus den USA und 37 aus anderen Ländern wie Großbritannien und Japan. Das GAO wählte die Angebote mit dem niedrigsten Preis aus. Alle 16 Teile stammten von Anbietern aus China.
Fazit
Mithilfe der Infrarotbildgebung können Probleme aufgespürt werden, die früher gar nicht oder nur unter großem Zeitaufwand gefunden werden konnten. Hersteller erhalten Wärmebilder, auf denen sich Designfehler genau nachweisen lassen, und können so Testzeiten reduzieren und Produkte schneller auf den Markt bringen. Wärmebilder bieten Ingenieuren außerdem den Vorteil einer vollständigen Wärmekarte der Platine mit Temperaturwerten für jeden Pixel. Das Problem falsch installierter Thermoelemente oder RTD-Sonden, die fehlerhafte Werte liefern, ergibt sich erst gar nicht. Wärmebilder lassen klar erkennen, wo sich Hotspots auf einer Platine befinden.
Natürlich sind Wärmebilder neben der einfachen Untersuchung von Platinen in vielen Phasen des Forschungs- und Entwicklungsprozesses einsetzbar.