Forensische Untersuchungen mittels Thermografie und Dampf
So ermöglicht das Aufbringen von Dampf auf blutbefleckte Textilien den Einsatz der Wärmebildtechnik
Forscher, die nach einer alternativen Methode suchen, um das Vorhandensein von verdünnten Blutkonzentrationen auf Gewebe nachzuweisen, haben mit der Wärmebildtechnik eine passende Lösung gefunden. Obwohl das Blut ohne den Einsatz weiterer Hilfsmittel im Infrarotspektrum nicht sichtbar ist, konnten die Forscher eine thermische Signatur erzeugen, indem sie Wasserdampf in eine blutbefleckte Probe einbrachten. Dieses Wärmebildverfahren kann trotz gewisser Einschränkungen bezüglich Naturfasern eine sinnvolle Alternative zum Einsatz von Luminol bei forensischen Untersuchungen sein.
Wenn Ermittler in einer TV-Krimiserie Blutspuren finden müssen, sprühen sie als erstes den Bereich mit Luminol ein und schalten das Licht aus. Auch wenn dies der Geschichte zusätzliche Dramatik verleiht, stellt dieses Vorgehen nicht die bestmögliche Lösung für echte Ermittler dar, die unter weniger optimalen Bedingungen nach Blutspuren suchen müssen. Dies gilt insbesondere bei Geweben mit verdünnten Blutflecken, die durch den Zusatz von flüssigem Luminol leicht angegriffen werden können. Die Chemiker, Dr. Michael Myrick und Stephen Morgan sowie ihr Team an der Universität des US-Bundesstaates South Carolina untersuchen den forensischen Einsatz von Infrarotkameras als alternative Methode zur Detektion und Aufzeichnung von biologischen Flüssigkeiten wie Blut an einem Tatort.
Abbildung 1. Vollblutabdruck auf Acrylgewebe.
Links: während der Dampf-Thermografie bei Feuchtigkeitseinwirkung.
Rechts: Verdunstungskühlung nach der Exposition. Es ist ausreichend Kontrast vorhanden, um Rillenmuster zu erkennen.
Abbildung 2. Vollblutabdruck auf Polyestergewebe.
Links: während der Dampf-Thermografie bei Feuchtigkeitseinwirkung.
Rechts: Verdunstungskühlung nach der Exposition.
Abbildung 3. Der 10-fach verdünnte Abdruck auf Polyester zeigt sowohl Rillenmuster als auch einen Lichthof aufgrund der Dochtwirkung von Blutfeststoffen. Das Team von Dr. Myrick und Morgan bemerkte, dass die Rillen das Wasser schneller absorbierten als der äußere Lichthof und mit einer anderen Geschwindigkeit abkühlten, wodurch die beiden Strukturen kinetisch voneinander unterschieden werden konnten.
Abbildung 4. Die Adsorptions-/Desorptionseigenschaften des Blutes gegenüber Wasser sind denen von Baumwolle sehr ähnlich, weshalb selbst Vollblutabdrücke auf Baumwolle nur schwach ausgeprägt sind.
Bedenken bezüglich Luminol
Luminol ist ein Pulver, das mit Wasserstoffperoxid gemischt und anschließend auf die zu untersuchende Oberfläche aufgetragen wird. Wenn Blut vorhanden ist, katalysiert das Eisen im Hämoglobin eine Reaktion zwischen Luminol und Wasserstoffperoxid und setzt Elektronen als sichtbare Photonen des blauen Lichts frei. Bedauerlicherweise kann Luminol auch mit anderen Substanzen als Eisen reagieren und somit ein sogenanntes falsch-positives Ergebnis verursachen.
Wie Dr. Myrick erklärt, reagiert Luminol „mit Meerrettich, es reagiert mit Kupfersalzen, es reagiert mit Bleichmitteln... es reagiert mit einer Reihe von Dingen, die man in einem Gewebe oder einer Umgebung finden kann, die man sich genauer ansehen möchte.“
Ein weiteres Problem mit Luminol ist seine potenzielle Auswirkung auf DNA-Tests: Obwohl die Chemikalie die DNA nicht vollständig zerstört, kann sie einige genetische Merkmale beeinträchtigen.
Und bereits das Aufsprühen von Luminol auf den Fleck könnte diesen verschmieren oder ablaufen lassen. „Wenn man also Rillenmuster hat, wie zum Beispiel einen Fingerabdruck, und es mit einer Flüssigkeit einweicht, dann könnte man das Muster vollständig zerstören“, sagt Dr. Myrick. Jedwede Möglichkeit, diesen Fingerabdruck auf dem Gewebe zu identifizieren, würde verloren gehen. Eine Überverdünnung eines Blutflecks könnte einen späteren Test der Probe auf DNA ebenfalls unmöglich machen.
Die Herausforderungen der Infrarottechnik
Dr. Myrick und sein Team suchten nach einer besseren Möglichkeit, Blut und andere biologische Flüssigkeiten für forensische Untersuchungen zu visualisieren. Dr. Myrick war besonders an einer Detektionsmethode interessiert, die länger als ein paar Sekunden zu beobachten ist und ohne Zerstörung der Probe wiederholt werden kann. Er und sein Team begannen, die Verwendung von Infrarot-Reflexion zur Visualisierung von Blut zu untersuchen. Es funktionierte zwar, aber das Blut war auf den Wärmebildern nur schwer zu erkennen.
„Die Wärmebildtechnik ist normalerweise keine geeignete Methode, um den chemischen Kontrast zu visualisieren“, räumt Dr. Myrick ein. Er und sein Team suchten nach Möglichkeiten, die Empfindlichkeit gegenüber Blut zu erhöhen. Sie entschieden sich für Dampf als Methode zur Erzeugung einer starken Absorptionsbande im Infrarot-Spektralfenster. Bei dem Versuch, eine Methode zu verbessern, stieß das Team jedoch auf eine viel Bessere.
Der graduierte Student Wayne O'Brien wurde damit beauftragt, ein Tuch mit Deuteriumoxid zu sättigen und Reflexionsmessungen durchzuführen. Als der Dampf auf das Tuch traf, nahm O'Brien gerade zufällig ein Infrarotvideo auf und machte eine überraschende Entdeckung.
„In dem Moment, als er den Dampf aufdrehte, leuchtete der 100-fach verdünnte Fleck, den er mir in Infrarot zeigte, wie eine Glühbirne.“ Das Erstaunliche daran war, dass etwas, das wir zuvor nur schwer zu Gesicht bekommen hatten, plötzlich sehr hell im Bild zu sehen war“, sagt Dr. Myrick.
Außerdem entdeckten sie, dass Wasserdampf im Gegensatz zu Luminol – das beinahe sofort verblasst – eine nachhaltige Wirkung auf das blutbefleckte Gewebe hatte. „Wenn man ein Gewebe nimmt und es einfach einer feuchten Umgebung bei erhöhter Temperatur aussetzt, kann man den Fleck auf unbestimmte Zeit sichtbar machen“, sagt Dr. Myrick. „Es ist ja nicht so, als würde der Fleck auftauchen und wieder verschwinden. Solange man ihn unter diesen feuchten Bedingungen hält, kann man ihn dauerhaft erkennen.“
Die Methode auf dem Prüfstand
Das Team um Dr. Myrick hat seine Entdeckung in einer Studie zum Thema Blut-Fingerabdrücke bei drei verschiedenen Gewebearten angewandt. Die „Fingerabdrücke“ stammen von einem speziellen Gummistempel, den sie befeuchtet und auf drei unterschiedliche und dreifach gefärbte Stoffe aufgesetzt haben. Jedes Gewebestück wurde mit zwei Fingerabdruckstempeln aus Rattenblut versehen – einer im Verhältnis 1:10 verdünnt, der andere unverdünnt. Anschließend ließ das Team die Flecken 24 Stunden trocknen.
Als es an der Zeit war, die Blutflecken abzubilden, setzten die Forscher die Proben deionisiertem Wasserdampf aus, der von einem tragbaren Dampfgerät für Kleidungsstücke stammte. Sie registrierten Veränderungen des Blutes auf dem Gewebe, während sie es für jeweils drei Sekunden über einen langen Zeitraum dem Dampf aussetzten und zwischen den einzelnen Bedampfungen eine Pause einlegten.
Die Zugabe von Wasserdampf zur Probe führt zu einer sofortigen Wärmeentwicklung. Dr. Myrick vergleicht diesen Prozess mit dem Übergang von einem trockenen, klimatisierten Raum nach draußen an einen warmen, feuchten Tag. Jedes von Ihnen getragene Kleidungsstück würde Wasserdampf unmittelbar aufnehmen und so zu einem leichten Temperaturanstieg führen. Diese Art der Temperaturerhöhung ist mit Infrarot gut zu erkennen.
Genauso wie die Zugabe von Wasser zur Wärmeentwicklung beiträgt, führt die Wegnahme der Dampfquelle zur Abkühlung. Wasserabweisende Gewebe wie Acryl oder Polyester können jedoch nur sehr wenig Wasser aufnehmen und kommen schnell ins thermische Gleichgewicht. Infolgedessen scheint der blutbefleckte Bereich langsamer abzukühlen als der Rest des Gewebes. Dadurch entsteht eine Temperaturdifferenz, die im Infrarotbereich gut zu erkennen ist.
„Man erhält bei etwas, das Wasser absorbiert, sowohl einen positiven als auch einen negativen Kontrast, je nachdem, wie schnell es absorbiert und wie schnell es desorbiert. Dies kann man beliebig oft wiederholen“, erklärt Dr. Myrick.
Bei den ersten Aufnahmen wurde ein 50-mm-Objektiv an einer FLIR-A6751sc-SLS-Kamera angebracht, um den gesamten Abdruck abzubilden. Die A6751sc bietet eine hohe Bildrate und eine Integrationsgeschwindigkeit von 480 ns, sodass Forscher schnelle thermische Transienten aufzeichnen können. Dank eines zweiten Satzes von Aufnahmen mit einem 13-mm-Objektiv konnte das Team um Dr. Myrick einen einzelnen vergrößerten „Fingerabdruck“ beobachten. In beiden Fällen hat das Team die Kamera mithilfe der ResearchIR-Software von FLIR bedient.
Die Aufnahmen mit dem vollständigen Abdruck auf dem Acryl- und Polyestergewebe zeigten deutlich das Vorhandensein des gesamten und verdünnten Blutes. Die Flecken auf dem Acryltuch boten zudem genügend Kontrast, um die „Fingerabdrücke“ zu erkennen. Auf dem Polyestergewebe beobachtete das Team einen thermischen „Lichthof“ rund um den 10-fach verdünnten Abdruck, der durch das Eindringen von Blutfeststoffen in das Gewebe verursacht wurde. Bei der Betrachtung der thermischen Daten über einen längeren Zeitraum hinweg stellte das Team fest, dass die Rillen auf Polyester den Wasserdampf schneller absorbieren als der äußere Lichthof. Dadurch konnte das Team zwischen den Rillen und dem Lichthof unterscheiden.
Das Team um Dr. Myrick entdeckte gewisse Probleme bei der Darstellung der Blutabdrücke auf Baumwolle. Denn Baumwollgewebe absorbiert mit bis zu 20 Gewichtsprozent Wasser genauso viel Wasser wie der Blutfleck selbst. Im Gegensatz dazu absorbieren synthetische Fasern wie Acryl und Polyester das Wasser nicht so leicht.
„Das hat viel mit der chemischen Zusammensetzung der Fasern und der Struktur der Fasern selbst zu tun“, erklärt Raymond Belliveau, Student im Team von Dr. Myrick.
„Baumwolle ist ein unordentlicher Stoff und hat überall lose Fasern“, fügt Dr. Myrick hinzu. „Die Geschwindigkeit, mit welcher die Fasern das Wasser aufnehmen, ist unterschiedlich. Die Reaktion einer einzelnen Faser ist extrem schnell.“
Aus diesem Grund konnte das Team bei der Abbildung von vergrößerten Abdrücken auf Baumwolle größere Erfolge verzeichnen. Sie stellten einen sichtbaren Kontrast zwischen Vollblut auf einzelnen erhöhten Fäden und dem Rest des Baumwollgewebes fest. Dieser Kontrast war lediglich für die 30 ms sichtbar, welche die erhöhten Fäden benötigten, um den Dampf zu absorbieren.
„Dank der A6751sc konnten wir Hochgeschwindigkeitsmessungen durchführen, bei denen man die Faser buchstäblich nur bei einem einzelnen Bild aufleuchten sieht“, erklärt Dr. Myrick. Danach hatte die Masse des Gewebes genügend Wasserdampf absorbiert, um den thermischen Unterschied zwischen dem Vollblut und der Baumwolle auszuspülen.
Abbildung 5. Einzelne Fäden innerhalb des Vollblutabdrucks stehen im Kontrast zum Rest des Baumwollstoffes.
Der Rand des Vollblutflecks ist auf dem Acrylgewebe gut sichtbar, obwohl er an Stellen unterbrochen ist, an denen die Gewebestruktur verhindert hat, dass der Stempel die gesamte Oberfläche berühren konnte.
Abbildung 6. Es entsteht eine Unterbrechung im Rillenmuster an der Stelle, an der die Struktur des Acrylgewebes den vollständigen Kontakt zwischen Stempel und Gewebe verhindert.
Der Vollblutabdruck war beim Dämpfen nur schwach sichtbar und wies, wie die Acrylprobe, eine Struktur auf, die einen vollständigen Kontakt zwischen dem Gewebe und dem Stempel verhinderte. Da die Kette (vertikale Richtung der Fäden) gegenüber dem Schuss (horizontale Richtung) erhöht ist, sind die Blutbestandteile auf der Kette besser sichtbar.
Abbildung 7. Die Rillen des Blutabdrucks sind nur auf der erhöhten Kette des Gewebes sichtbar.
Der nächste Schritt
Basierend auf den von Dr. Myrick gelieferten Ergebnissen stellt die Wärmebildtechnik bei der Untersuchung von Gewebe auf Blutflecken eine sinnvolle Alternative zu Luminol dar. Die Wärmebildtechnik ist dem Verfahren mit Luminol vielleicht sogar vorzuziehen, da der Wasserdampf, der zur Erleichterung der Bildgebung benötigt wird, den Fleck nicht zusätzlich verdünnt oder das Risiko birgt, Beweise zu zerstören. Obwohl die Verwendung von Wasserdampf bei Baumwolle einige Probleme mit sich bringt, können hochauflösende Hochgeschwindigkeits-Infrarotkameras Abhilfe schaffen. Eine Wissenschaftskamera wie die FLIR A6751sc verfügt über die erforderliche Bildrate und Integrationsgeschwindigkeit, um die schnelle Erwärmung oder Abkühlung von losen Baumwollfasern aufzuzeichnen und diesen Effekt mithilfe eines Vergrößerungsobjektivs deutlicher zu veranschaulichen. Dr. Myrick und sein Team werden die Verwendung der Hochgeschwindigkeits-Bildgebung an Baumwollfäden weiter untersuchen, um das Verfahren weiter zu verfeinern.