Auf der richtigen Spur: Britischer Bahnbetreiber testet Prototyp eines „intelligenten Zugs“ zur Verbesserung des Schienennetzes
Der Bahnbetreiber Northern testet einen neuen, hochmodernen Zug, der mit Hilfe der branchenführenden Wärmebildkameras von FLIR dazu beitragen soll, Infrastrukturprobleme erheblich zu verbessern und beschädigte Gleise zu erkennen.
Bisher konnten Probleme auf der Strecke, wie z. B. korrodierte oder fehlende Oberleitungen, nur von einer Person vor Ort festgestellt werden. Das bedeutete, dass das Personal die Strecke ablaufen und zwischen den als betriebsfähig bekannten Streckenabschnitten nach der Ursache des Problems suchen musste.
Der britische Teledyne FLIR-Integrator Thermal Vision Research leitet jedoch einen kritischen Prototypentest, bei dem eine gekühlte Wärmebildkamera vom Typ FLIR A6750sc zum Einsatz kommt, die verspricht, die Ausfallzeiten des Schienennetzes zu minimieren und wartungsbedürftige Bereiche mit außergewöhnlicher Genauigkeit zu lokalisieren.
Behebung unklarer Infrastrukturprobleme in Mikrosekunden
Ein Problem des bestehenden britischen Schienennetzes besteht darin, dass ein Großteil davon nur selten überwacht wird – in der Regel nur dann, wenn eine Störung auftritt oder ein Hindernis gemeldet wird. Das bedeutet, dass bei der Feststellung eines Problems wie gestohlenen oder beschädigten Oberleitungen große Gleisabschnitte gesperrt und manuell kontrolliert werden müssen.
Das kann sehr kostspielig sein – nicht nur im Hinblick auf den erforderlichen Arbeitsaufwand für die Lokalisierung und Behebung der Probleme, sondern auch was Kostenrückerstattungen an die Kunden und Folgekosten im Zusammenhang mit Verspätungen, Stornierungen und anderen plötzlichen Serviceausfällen angeht.
Um dem entgegenzuwirken, hat sich Northern mit Belvoir Rail und dem Teledyne FLIR-Integrator Thermal Vision Research zusammengetan, die an einer Hightech-Lösung arbeiten, um das britische Schienennetz auf Vordermann zu bringen.
Der Prototyp besteht aus einem einzigen Zug, der neben einer gekühlten FLIR A6750sc Wärmebildkamera mit akustischen Monitoren, G-Shock Bogie, einer KI-Kamera, einer Radarkuppel, einer 180-Grad-Wärmebildsoftware und LIDAR-Kameras zur Früherkennung ausgestattet ist – dieselben Kameras, die von der NASA zur Kartierung der Mondoberfläche verwendet werden.
Ein wesentliches Element dieser Installation ist die A6750sc, die alle Pixel einer bestimmten Szene in weniger als einer Millisekunde und mit einer Vollbildrate von 125 Hz erfassen kann. Diese Kombination ist von entscheidender Bedeutung für die Abbildung sich schnell bewegender Objekte, zu denen natürlich auch der Zug gehört.
Das gekühlte A6750sc-System ist herkömmlichen ungekühlten Wärmebildkameras überlegen, da es eine bessere Bildschärfe bietet und Unschärfen entgegenwirkt, sodass bei bewegten Aufnahmen keine wichtigen Details verloren gehen, die für eine klare Momentaufnahme des Streckenzustands erforderlich sind.
Proaktive Problemverhütung in Echtzeit
Matthew Clavey, Geschäftsführer von Thermal Vision Research, erläutert das System näher: „Für dieses Projekt war die A6750sc ein Muss.
Obwohl eine ungekühlte Kamera mit 30 bis 50 Bildern pro Sekunde arbeiten kann, dauert ein Bild etwa 30 Millisekunden. Das ist zwar ziemlich schnell, aber bei einigen Anwendungen, bei denen zum Beispiel ein Förderband mit hoher Geschwindigkeit läuft oder ein Zug mit 160 km/h fährt, ist es vergleichsweise langsam.
Der Vorteil der gekühlten Kamera A6750sc besteht darin, dass sie viel schneller ist und im Sub-Millisekundenbereich arbeiten kann. Dadurch können wir Bilder in klarer Qualität und ohne Unschärfe aufnehmen und hochwertige Daten in hoher Geschwindigkeit übertragen.“
„Bei diesem speziellen Projekt ist Northern vor allem daran interessiert, seine Probleme mit der Infrastruktur im Allgemeinen zu verstehen. Ein elektrischer Zug zum Beispiel bezieht seinen Strom direkt von den Oberleitungen. Diese Leitungen sind nicht perfekt. Sie haben Verbindungsstellen, die überhitzen oder korrodieren können. Es kann Probleme an bestimmten Stellen der Leitung geben oder der Strom fällt ganz aus. Die Wärmebildkamera A6750 ermöglicht es uns, diese Stellen zu sehen und genau zu verfolgen, indem sie sowohl die vom Sensor übertragenen Daten als auch eine am Gerät angebrachte sekundäre GPS-Erfassung verwendet.“
„Es ist faszinierend, in Echtzeit zu sehen, wie sich die Leitungsverbindungen erwärmen, wenn sich der Zug nähert und Kontakt aufnimmt.“
Trendverfolgung im Laufe der Zeit
Der extrem große Aufnahmebereich der A6750 kann je nach Streckenverlauf bis zu 100 Meter weit reichen – so erhalten die Zugführer ausreichend Informationen über die Strecke und werden zuverlässig auf drohende Gefahren oder Probleme hingewiesen.
Ein weiteres äußerst vorteilhaftes Element dieser Integration ist die Tatsache, dass die A6750 die Daten sowohl auf dem Gerät selbst als auch in der Cloud verarbeitet. Das heißt, dass Northern von seinen Leitstellen im gesamten Vereinigten Königreich auf die Daten zugreifen und Trends im Laufe der Zeit erkennen kann.
Matthew Clavey von Thermal Vision Research fügt hinzu: „Nehmen wir an, ein Zug fährt zum Hauptbahnhof von Leeds. Die Züge fahren am Montag in den Bahnhof ein und alle Leitungen sehen einwandfrei aus. Aber am Dienstag gibt es eine überhitzte Stelle und am Mittwoch sind es schon zwei überhitzte Stellen. Am Donnerstag sind es drei, vier oder fünf.
Mit dieser Technologie kann auf Basis aktueller und historischer Messwerte das Verhalten der Leitung über Wochen, Monate oder Jahre verfolgt und sogar vorhergesagt werden. Der Vorteil der Kamera besteht darin, dass wir nun keine Wartungsteams mehr rausschicken müssen, die die Strecke manuell abgehen und eine Sichtprüfung vornehmen. Wir können sie jetzt direkt zu den Stellen schicken, an denen tatsächlich ein Problem vorliegt, anstatt sie in Bereichen suchen zu lassen, in denen ein Problem vermutet wird, aber noch nicht lokalisiert ist. In diesem Sinne ist es eine weitaus effizientere Nutzung ihrer Zeit und ihres Wartungsbudgets.“
Der „intelligente Zug“ wird 2023 weiterhin auf dem nationalen Schienennetz unterwegs sein. In dieser Zeit könnten die von ihm gelieferten Informationen zu entscheidenden Änderungen und landesweiten Verbesserungen der Infrastruktur des britischen Schienennetzes führen.